Eros
Die ältesten Mythen belegen, Gott Eros wäre aus dem Weltei entschlüpft und somit der erste der Götter überhaupt gewesen. Nach rein naturwissenschaftlicher Anschauung entspräche das dem „Urknall“. Wie auch immer wir das anschauen wollen, auf jeden Fall muß diesem Geschehen zweierlei inne gewohnt haben: eine bildnerische Vision sowie eine Fülle an Energie zum Transport des schöpferischen Einfallsreichtums. Und dieser Einfallsreichtum nimmt kein Ende, denn die Schöpfung ist noch nicht beendet. Panta rhei – alles ist in Fluß. Der geflügelte, zweigeschlechtliche Gott Eros setzte, wie es heißt, „das All in Bewegung“. Er lebt, liebt und zeugt bis auf den heutigen Tag ubiquitär – „gleichzeitig und überall“. Entgegen jeder vom Intellekt geborenen Vorstellung verschießt er seine Pfeile zur Erweckung der Herzen und der Lust am Leben wohin es ihm gefällt. Wer glaubt, sich dagegen wehren zu können, dem wird es schlecht ergehen, denn Eros, das ist die ursprüngliche schöpferische Trieb- und Bildekraft. Und als wolle er uns sagen „wo’s lang geht“, treibt er seinen Schabernack auch indem er uns in Blüten und Früchten Hinweise gibt, dass die getrennten Geschlechter sich wieder lustvoll zu vereinen haben. – Interessant ist, dass es im alten Griechenland kein Wort für Sex gab. Für die Griechen war alles Eros, vom „Sex“ bis hin zur künstlerischen Trieb- und Gestaltungskraft. Aber es gab das Wort aidos für den Schoß – die Liebe und die Sinneslust. Darüber hinaus kannte der Grieche nur noch agape – die Nächstenliebe.